Wenn der Musikverein an Märschen teilnimmt oder bei befreundeten Vereinen an deren Festen einen Auftritt absolviert, treten Sie in Erscheinung. Es ist immer wieder schön anzusehen, wenn unsere
Marketenderinnen, den gespannten Zuhörern ein, bis zum Rand gefülltes, Schnapsglas in die Hand drücken! Die Rede ist von den sogenannten Marketenderinnen, die ebenfalls in
unserer Tracht gekleidet, das Gesamtbild der Kapelle gekonnt abrunden. Dieser Artikel beschäftigt sich damit dem Hintergrund und der Herkunft dieser Tradition auf' die Spur zu
kommen.
Schaut man auf die umliegenden Vereine so stellt man fest, dass Marketenderinnen keinen festen Platz in einer Odenwälder Blaskapelle einnehmen. Der Brauch der
Marketenderinnen stammt tatsächlich aus Österreich und Südtirol, ist aber vereinzelt auch im süddeutschen Raum zum Bestandteil der traditionellen Marschkapelle geworden, die die Musiker
mit Getränken (Hauptsächlich natürlich Hochprozentigem) versorgt.
Erstmals 1968, zum 10jährigen Jubiläum des Musikvereins, traten Marketenderinnen bei uns in Erscheinung. Hauptgrund zur Einführung dieser ortsfremden Sitte war der befreundete
Verein aus Siezenheim, bei Salzburg.
Trotzdem kann man anmerken, dass 1968 mit dem Aufkommen der Marketenderinnen erstmals Frauen auch aktiv am Vereinsleben teilnahmen. Der Musikverein war (und das
bis in die 80er Jahre) eine von Männern dominierte Vereinssparte, bei der für eine Frau höchstens der Platz als Schriftführerin frei war. Damals wie heute rundeten zwei
Marketenderinnen an der Seite der Kapelle, das Bild ab und lieferten gleichzeitig noch eine willkommene Abwechslung für die Augen der Zuhörer.
Heutzutage nehmen Frauen eine große Rolle innerhalb der Besetzung ein. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) hält man an der Tradition der Marketenderinnen fest.
Schaut man im Lexikon unter Marketender nach, erhält man folgende Antwort:
Ein Marketender (lat. Mercatante - Händler, Kaufmann) ist jemand, der Truppen begleitet, verpflegt und medizinisch versorgt. Der Begriff kommt aus dem mittelalterlichen Militärwesen.
Tatächlich machte auch ich in der Zeit bei der Bundeswehr Bekanntschaft. mit dem Begriff Marketender. Dieses Berufsfeld hielt bis zum Dreißigjährigen Krieg stand, wurde dann aber abgelöst als die
Versorgung der Truppe durch Plünderung zum Normalfall wude.
Während Männer als Marketender zur damaligen Zeit als Händler die Soldaten mit Lebensmitteln versorgten, erfüllten mitziehende Marketänderinnen, die Rolle als Prostituierte, wie auch die Titelfigur
in Bertholt Brecht's Roman und ihre Kinder".
Doch wollen wir unseren heutigen Marketänderinnen, die von unseren belgischen Musikfreunden gerne "Schnapsmädel'n" genannt werden, kein Unrecht antun.
Wir sind dankbar für die Tradition der Marketenderin, die uns in unserem Umkreis eine Ausnahmeposition beschert und hoffen, dass sie uns weiter bei Wind und Wetter
mit einem gefüllten Schnapsglas zur Seite stehen!
Prost!
Stefan Beckenbach
Teilnahme am Sommertagszug in Heiligkreuzsteinach
Sonntag, 19.03.2023, 13.30 Uhr
Heiligkreuzsteinach